Samstag, 23. Mai 2015

Komplett


Jetzt hat sich unsere Herde mehr als verdoppelt. Wo vor zwei Wochen noch drei Schafe gemeinsam im Stroh ruhten, tummeln sich heute Abend acht Tiere. Doch alles der Reihe nach:






Leider sind die Bilder leicht verwackelt. Den Blitz der Kamera liess ich natürlich ausgeschaltet im dämmrigen Stall. Oh, das waren bange Minuten (Sekunden?), bis Saba die Fruchtblase aufgebissen und weggeleckt hatte.



Gut zu erkennen ist die Plazenta, welche noch nicht gänzlich ausgestossen wurde. Hier gilt es, Geduld zu haben. Keinesfalls darf sie von Hand entfernt werden, die Gebärmutter könnte dabei schwer verletzt werden. Einige Minuten später wird sie, bereits am Boden schleifend, von Saba weggetreten. Rund eine Stunde später löst sich der verbliebene Strang.



Saba kümmert sich gut um beide Lämmer, welche sich abwechselnd von den Geburtsstrapazen und den ersten wackligen Schritten erholen müssen. Beide schaffen es innerhalb einer Stunde, an das wertvolle Kolostrum zu gelangen. Der Anfang ist somit geglückt.

Das erstgeborene Böckchen ist unauffällig, seine Schwester zeigt aber auch leicht die Anomalie, welche uns schon bei ihrer Cousine/Halbschwester Agatha (ihre Mütter Sabah und Sirah sind Zwillinge, den Vater haben sie alle den selben) aufgefallen ist. Internetrecherchen deuten auf das Krankheitsbild "Schiefhals". Wir müssen uns diesbezüglich noch genauer informieren, was dies für die Zukunft unserer kleinen Herde bedeutet.

Aber fürs Erste ist nur wichtig, dass auch dieses Lamm den Weg zu den prallen Zitzen ohne unsere Unterstützung findet und die Mutter sich weiterhin um es kümmert. Mein nächtlicher Besuch (Viturin kriegt jeweils seine 22-Uhr-Flasche) zeigte nichts Gegenteiliges. Morgen sehen wir weiter.


Mittwoch, 20. Mai 2015

Gedankenmuster {Haus-Haltung}


Die grossen Frauen meiner Kindheit haben anderes zu tun gehabt, als sich um ihre Haushaltsführung Gedanken zu machen. Dian Fossey, Simone de Beauvoir, Artemisia Gentileschi, Piratenprinzessinnen, Weltraumfahrerinnen und Meeresbiologinnen, alle mussten wohl ihre Sachen in Ordnung halten, aber keine von ihnen war eine Martha Stewart oder Marie Kondo. Ihre Lebensthemen waren andere. Und sie waren meine Vorbilder.

Aus mir ist keine Inkaexpertin oder Himalayabesteigerin geworden. Hier gilt es heute unter anderem einen Haushalt zu führen. Und irgendwann musste ich es mir eingestehen: Spannende Frauen hatten und haben wohl wenig Zeit für ihren Haushalt. Der Umkehrschluss, dass ich dank meines vernachlässigten, chaotischen Umfelds aber automatisch zu den interessanten und wichtigen Zeitgenossinnen gehöre, ist aber schlichtweg falsch. Miese Haushaltsführung beweist keinesfalls höhere Lebensinhalte. Autsch.

Es folgte die logische Erkenntnis, dass ich mich aber auch nicht sogleich in ein biedermeierisches Heimchen am Herd verwandle, nur weil ich mein tägliches Tun und Lassen überdenke und da und dort optimiere. Diese Einsicht war tatsächlich, lacht mich nicht aus, erhellend und beruhigend.

Und dann hat mich Tom Hodgkinson (ja, ich mag ihn sehr, hier erwähnte ich ihn bereits) eiskalt erwischt. In "Anleitung zum Müssiggang" zeigt er auf, dass Müssiggänger besonders fleissige, strukturierte Menschen sein müssen. Denn wer z.B. den ganzen Nachmittag mit Lesen, Spazieren und Nachdenken verbringen wolle, müsse am Morgen effizient und konzentriert genug arbeiten, dass er sich damit ein Einkommen verdiene, welches dieses Verhalten zulasse. Müssiggänger seien also nicht, wie landläufig angenommen, faule, sondern besonders tüchtige Menschen.

Adaptiert auf meinen Haushalt heisst das: Gerade weil mir das Reinigen, Aufräumen und all die repetitiven Arbeiten im Haus mühselig und langweilig erscheinen, tue ich gut daran, sie professionell, engagiert und mit kürzestem Zeitaufwand auszuüben. Also gezielte Aufmerksamkeit und Hinwendung, nicht weil ich Haushaltsführung so liebe, sondern im Gegenteil, weil ich viel Zeit für anderes haben möchte.

Diese Gedanken haben bei mir mehr verändert als jeder Vorsatz, jede Aufräumaktion und jeder Haushaltsplan. Vorher habe ich mich jahrelang darüber gewundert, wieso es mir eigentlich so schwerfällt, wohltuende Ordnung und Sauberkeit länger als gefühlte 10 min nach einer Putz-Session aufrechterhalten zu können.

Sofern ihr wie ich zu den Menschen gehört, die zwar stundenlang durch Wohnblogs streifen, jedoch ihre eigenen vier Wände nie herzeigen könnten - kennt ihr eure Saboteure? Eure Gedankenmuster, welche eine echte Veränderung hin zum "Schöner Wohnen" verhindern? Lasst sie mich wissen, ich bin gespannt!

Samstag, 16. Mai 2015

Lämmerfreude


Die Mädels zog es heute nach draussen.
Maienzeit.




Freitag, 15. Mai 2015

Agatha, Andrina, Viturin


Wer glaubt, Schäflein aufpäppeln sei niedlich und romantisch, darf mich gerne ablösen. Es liegt eine enorm anstrengende Woche hinter mir. Beobachtungen, Sorgen, Tipps von überall und Massnahmen. Bauliche, emotionale und vor allem praktische Massnahmen.

Stand der Dinge:

Das älteste Lamm, am Sonntag geboren, ist behindert. Es kann den Kopf nicht richtig hochhalten und krümmt sich ständig ein. Wir wollten schon den Tierarzt bestellen, da es ohne unsere Hilfe nicht fähig war, die Zitzen der Mutter zu erreichen, und ihm so ein qualvolles Verenden ersparen. Aber seine Mutter ist sehr fürsorglich, und die beiden haben ihre Strategie gefunden: Agatha trinkt, wenn ihre Mutter ruht und wiederkäut. Und heute hat Agatha tatsächlich die ersten ungelenken Bocksprünge geübt. Es scheint ihr gut zu gehen.

Am Dienstag hat Karamba ihre Zwillinge gekriegt. Zuerst ein stämmiges Aueli, und danach ein deutlich kleineres Böckchen. Die ersten Stunden sah alles gut aus, aber am Nachmittag hat sie den Kleinen nicht mehr an sich herangelassen und ihn jeweils grob mit ihrem Kopf zur Seite gerammt, dass er durch den halben Stall geflogen ist. Er hat es dann unermüdlich reihum bei allen Grazien versucht, aber auch dort hat es nur Hiebe abgesetzt. Und so haben wir den kleinen Kerl schliesslich abgesondert, bevor er ernsthaft Schaden genommen hat. Zwei Tage hat er im Haus gelebt und sich etwas erholt, mittlerweile ist er wieder bei den Schafen. Der Stall ist so angepasst worden, dass sich die Lämmer vor den Schafen zurückziehen können. Diverse Versuche haben nichts an der Situation geändert. Karamba kümmert sich rührend um Andrina, Viturin darf sich ihr jedoch nicht nähern.

Dass Viturin momentan alle vier Stunden die Flasche kriegt, sind fast bereits schon paradiesische Zustände nach dem Zweistundenrhythmus der ersten Tage. Nö, niedlich und romantisch ist es nicht, aber ganz wunderbar ist der Duft des Lämmchens. Milch, Schaf, Stroh, Weichheit, Wärme. Besser kann man das nicht beschreiben. Doch, vielleicht so: Ganz ähnlich wie Babyköpfchen. Ihr wisst, was ich meine? Alles ganz zart. Phantastisch.

Sonntag, 10. Mai 2015

Muttertagsüberraschung


Noch bevor ich im Dämmerlicht des Stalls etwas erkennen kann, weiss ich es: Eines unserer Schafe hat ein Lämmchen geboren. Das helle Stimmchen hat es verraten. Völlig ahnungslos haben wir den ganzen Nachmittag direkt neben dem Stall an einem Kükenauslauf herumgewerkelt und das Ereignis verpasst. Und das ist vielleicht ganz gut so.


Das Lamm ist bereits trocken und steht bei seiner Mutter. Die Plazenta finden wir im Stroh, sie ist komplett, was uns sehr beruhigt. Sirah frisst und sauft schon wieder und macht einen ganz entspannten Eindruck.


Allein das Lamm wirkt schlapp und mitgenommen, es lässt den Kopf hängen, als zögen die unendlich langen Ohren ihn zu Boden. Ob es bereits vom wertvollen Kolostrum erhalten hat? Wir entscheiden uns, den beiden ein bisschen unter die Arme zu greifen, schliesslich ist Sirah eine unerfahrene Erstlingsmama. Anfangs wehrt sie sich noch gegen Berührungen am Euter, dann scheinen aber beide den Sinn und die Wohltat des Prozederes zu begreifen.


Es folgt der selige erste Schlummer im weichen Stroh. Willkommen auf dieser Erde, kleine schwarze Engadinerin.

Donnerstag, 7. Mai 2015

Mimi


Mimi guckt so frech wie das Mädchen, von welchem sie hoffentlich schon bald innig geliebt werden wird. Sie ist, obwohl voller kleiner Fehler und Unzulänglichkeiten, das perfekte Geschenk zum ersten Geburtstag der Zaunkönigin, welchen wir bald feiern dürfen. Ganz langsam ist sie entstanden (hier und hier ist sie bereits im Blog aufgetaucht), Schritt für Schritt hat sie ihre Gestalt, ihren Ausdruck und ihre Kleidung erhalten.


Innen und aussen ist Mimi ganz mit uns verwoben. Gefüllt ist sie nämlich ausschliesslich mit der Wolle unserer lieben, schönohrigen Karamba. Und für die Kleidung habe ich abgelegte Kleidungsstücke von mir zerschnitten und neu zusammengenäht. Das Jäckchen schliesslich ist aus einem Restknäuel Sockenwolle entstanden.


Um einen guten Tipp, wie die rund vorgestickten Augen sich nicht durchs Sticken unförmig zusammenziehen, bin ich sehr dankbar. Dieses Detail möchte ich bei einer nächsten Puppe (so es denn eine gibt) definitiv besser hinkriegen. Auch von der Entscheidung, die Puppe nicht ganz waldorf-schlicht, sondern mit Nasenlöchern und einem anders aufgebauten Mund auszustatten, bin ich nicht mehr restlos überzeugt.

Aber für dieses Mal ist es gut. Die Zaunkönigin und Mimi passen zu einander, das Mädchen beschenkt die Puppe mit dem gleichen Singsang, mit welchem sie auch die Katzen begrüsst. Ich habe es nämlich nicht geschafft, ganz im Geheimen zu arbeiten. Die Puppe bezog Quartier im Bücherregal, zuerst als gesicht- und haarloses, nacktes Geschöpf bis schliesslich als eingekleidetes Persönchen mit Schalk in den Augen (und hinter den Ohren). Eine zarte Freundschaft hat sich bereits angebahnt. Jetzt lasse ich die Puppe verschwinden, und dann, in rund einem Monat, wird sie feierlich ihrer Puppenmama übergeben.


Harte Fakten:
Die Anleitung ist von hier resp. hier und sehr zu empfehlen.
Puppenjersey stammt von hier. (Die Qualität der Website hat nichts mit der Qualität des Stoffes gemeinsam.)
Puppenmohair von hier.
Die Anleitung fürs Strickjäckchen "Little Kina" gibt es hier und ist sehr einfach nachzustricken. (Es hat einen kleinen Fehler in der Anleitung, der aber so offensichtlich ist, dass er keine Probleme bereitet.)




Dienstag, 5. Mai 2015

Heute hier, morgen fort*


8 Eier werden bebrütet.
Irgendwann verschwindet ein Ei.
Küken 1 schlüpft, am nächsten Tag Küken 2.
Zwei Tage später schlüpfen Küken 3 und 4, beide sterben gleichentags.
Einige Tage später stirbt Küken 2.
Ein Ei verschwindet.
Die beiden verbleibenden Eier werden entsorgt.


Mother Nature is beautiful. Und grausam.
Respektive unerbittlich, wenn man ihr ins Handwerk pfuscht:
Die Natur sieht vor, dass die Henne über längere Zeit ihre Eier "sammelt", jedoch noch nicht bebrütet. Wenn ihr Nest voll ist, beginnt sie zu brüten und die Küken schlüpfen nach 21 Tagen alle gleichzeitig. Unsere Glucke hat mit einem Ei zu brüten begonnen. Da wir das etwas unsinnig fanden, schoben wir ihr nach und nach alle weiteren Eier unter, welche ihre Kolleginnen in den folgenden Tagen legten. Deshalb schlüpften die Küken nicht gleichzeitig.  Und offensichtlich war die Glucke überfordert, den quirligen Küken, den nassen Neugeschlüpften und den Eiern gleichzeitig gerecht zu werden.


Wir haben unsere Lektion gelernt. Und freuen uns umso mehr über das Küken.

*Den Blogpost-Titel habe ich übrigens einem wunderbaren Buch entlehnt.


Montag, 4. Mai 2015

Ein Anfang {Haus-Haltung}


Vielleicht nicht Reinigung, sondern Pflege.
Vielleicht nicht spiessbürgerliche Kleingeistigkeit, sondern ordnende Klarheit.
Vielleicht nicht Sisyphus, sondern Liebe und Fürsorge.
Vielleicht nicht Müssen, sondern Dürfen.

Vielleicht beginnt Haushaltsführung im Kopf.
Ich freue mich über jeden Kommentar.
Weil dann Statistik-Zahlen zu Menschen werden.
Dank dir.